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Saturday, January 17, 2009

Eine Stunde im Büro

Ich komme in mein Büro und muss mit Schrecken feststellen, dass ich mich im Kalender geirrt haben muss, denn der Herr Wulff ist ja schon da. Er ist also um 14 Uhr und nicht erst um 15 Uhr eingeladen worden, von mir. Peinlich, peinlich. Zum Glück ist er verständnisvoll. Okay, als erstes soll er von sich erzählen, dann mach ich mir ein Bild, seinen Lebenslauf und die Zeugnisse hat er ja vorbildlich mitgebracht. Mh, mh, sehr interessant und so höflich. Er schaut mir in die Augen, ob er merkt, dass ich nervös bin? puh, nein. "Folgendes Angebot kann ich ihnen machen, Herr Wulff. Wir haben ein CallCenter an der Hand, und ich sage ihnen gleich, es ist kein klassisches, sondern ein besonderes. Eine Firma, die Leuchtstoffröhren herstellt, will ihre Produkte per TeleSales an den Mann bringen und hat vor ein paar Monaten angefangen, ein CallCenter aufzubauen. Es ist keine Legebatteie, wie ich die einschlägigen benenne und auch verkaufen sie keine Lose oder DSL Anschlüsse. Die Tätigkeit, die ich ihnen anbiete, ist reines Outbound Telefonieren, aber ohne Provision und bei meinem gestrigen Besuch wurde mir gesagt, dass ein sehr guter Verkäufer 2 Stück am Tag verkauft. Was halten sie davon?" Er antwortet nicht sofort und dann hat er auch noch Einwände, aber er wirkt so redegewandt und hat Verkaufserfahrung. Okay, ich kontere mit dem Argument, dass er keinen Druck zu fürchten braucht und dass er sich dort einfinden kann. Er willigt zumindest ein, sich dem Probetag zu stellen. "Die Konditionen, die ich ihnen anbiete, liegen über dem Durchschnitt, da sie auch in englisch telefonieren können und der Kunde für diese besondere Aufgabe mehr zahlt. Haben sie noch Fragen?" Er hat keine und freut sich über das Angebot, verlässt guten Mutes und so freundlich das Büro. Es ist schon 15 Uhr und ich bin immer noch durcheinander. Was für ein System hat sich da bloß in Deutschland etabliert. Ein 27 Jähriger wird als Hartz IV Bezieher zu einer privaten Arbeitsvermittlerin aus München verkauft, die ihn wiederum an uns weitervermittelt hat. Die Münchnerin bekommt, wenn er einen Arbeitsvertrag mit uns schließt 2000 €. Und wir leihen ihn dann noch an ein CallCenter aus, welches Outbound betreibt, was er eigentlich nicht mehr machen wollte, aber die besonderen Umstände ihn reizen, es doch auszuprobieren, und wir verdienen damit auch noch unser Geld. Diese Zwischenhändlersrtukturen erhalten mich und die private Arbeitsvermittlerin am Leben und der junge fähige Mann verkauft seine Arbeitskraft dann schon fast für einen Hungerlohn. Der Arbeitsagentur kommt zu Pass, dass er dann aus der Statistik verschwindet und deren Verwaltungsaufwand geringer wird. Warum nur hat er nicht direkt bei einem Arbeitgeber eine Chance? Egal, gut für mich, beuten wir ihn aus, kann ich mir mein Essen kaufen und er wenigstens auch...

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